Montag, 18. Februar 2008

Der tönende Soldat Hoimar von Gassmann

Ich muß mich entschuldigen. Leider kam ich kaum dazu, mich hier zu äußern. Ach was, ich muß mich eigentlich nicht entschuldigen, denn ein Mann meines Standes hat dies nicht nötig. Aber ich möchte eben den Anstand wahren und so tun als ob. Seit zwei Wochen träume ich schlecht. Geradezu diabolische Fratzen aus meiner Vergangenheit holen mich da ein. Begonnen hat alles, als ich vor etwas mehr als zwei Wochen las, daß Dr. Stankenfrein im zarten Alter von 88 Jahren verstarb. Ich sollte ausführen, was es mit diesem Menschen auf sich hatte.

Als ich noch ein junger Soldat war, da war Stankenfrein Stabsarzt und nebenbei Spezialist beim Überführen von sogenannten Simulanten. Da man als junger Mensch zuweilen wenig Freude am Marschieren und Herunterleiern von Hymnen hat, machte man sich einen Sport daraus, Wehwehchen auskurieren zu wollen. Hartnäckige Krankenfälle wurde umgehend zu Stankenfrein überführt. Ich ließ mich mit einem akuten Rheumaschub einliefern und traf auf dort auf viele Leidensgenossen.

Stankenfreins Therapiemethoden waren nicht sehr kompliziert. Strengste Diät, Klistiere, Magen auspumpen und Abführmittel. Damit, so meinte er, würde er die todkranken Simulanten schon wieder zum Marschieren bringen. Neben mir lag einer, der behauptete, er hätte einen plötzlichen Bandscheibenvorfall bekommen. Stankenfrein verschrieb ihm täglich strengste Diät und drei Klistiere. Ein besonders hartnäckiger Fall hielt es bereits vier Wochen bei Stankenfrein aus. Er hätte schmerzende Schultern, die es ihn unmöglich machen würde, zurück ins Glied zu rücken. Stankenfrein verschrieb ihm tägliches Auspumpen und zeitgleiches Klistieren. Nachts ließ er den schwerkranken Patienten in nasskalte Laken wickeln. Ich wurde mir Abführmittelchen und strenger Diät auf Vordermann gebracht. In der zweiten Woche verpaßte er mir Klistiere.

Die Patienten untereinander pflegten ein freundschaftliches Verhältnis. Wir teilten alles. Und hätten wir etwas zu essen gehabt, wir hätten es sicherlich auch geteilt. Als mein Bettnachbar sichtbar abmagerte und bald darauf starb, teilten wir uns auch seine Habe. Stankenfrein machte sich nichts aus Abgängen ins Jenseits. Er sah darin die Faulheit des Soldaten, weil dieser einfach die Flucht ergriff. Luft war das einzige, was unsere Mägen füllte und wir blähten den ganzen lieben Tag. Wir konnten uns schon an der Tonlage der Blähung erkennen. Mir gelang es, das Morsealphabet zu blähen, so daß ich mit meinem Bettnachbar vis-a-vis, der Funker war, interessante Nachgespräche führen konnte. Einmal blähte ich ihm aus Goethes Faust vor und er applaudierte in den höchsten Tönen.

Sonntags kam der Herr Pfarrer in die Krankenstation, hielt eine herzergreifende Predigt und mahnte: "Ihr Lumpenhunde, nehmt den Platz ein, der Euch zusteht. Ihr müßt gesund werden wollen. Der arme Herr Doktor plagt sich dermaßen mit Euch und Ihr dankt es ihm damit, noch weiter hier liegen zu wollen." Danach gab es immer feinen Entenbraten, der sofort nach dem Verspeisen wieder ausgepumpt wurde. Klistiere waren am Tage des Herrn verboten.

Nach drei Wochen war ich dermaße abgemagert, daß ich dem Herrn Doktor meldete, mich nun endlich erholt zu haben. Ich gab ihm dankend die Hand und nannte ihn meinen Retter. Nie wieder plagte mich das Rheuma. Schnell vergaß ich die Stunden der Genesung und erst vor zwei Wochen erinnerte ich mich wieder an die Zustände von damals. Sogar das blähen habe ich wieder übernommen und in Gassmanns Wellblechhütte (mehr ist es ja im Grunde nicht) riecht es gar seltsam. Meine Darmwinde erfülle das moribunde Haus mit Leben. Aber ich schlafe schlecht, sehe immer wieder Dr. Stankenfrein vor mir, wie er Klistiere ansetzt. Ich denke, ich werde morgen diesen Pfaffen Aloisius aufsuchen, und mit ihm meine Seelenqualen durchforsten. Ob er mir helfen kann? Alleine mir fehlt der Glaube.

1 Kommentar:

Albus Gassmann hat gesagt…

Verdammt Vetter,
so haben Sie sich mittels Flatulenzen vor dem Wehrdienst gedrückt?!

Ich schäme mich aufrichtig für Sie, sapperlot.